Heute ausnahmsweise mal in meiner Mutter- statt Vatersprache, denn es geht um ein Thema, das primär den deutschsprachigen Raum betrifft. De mortuis nihil nisi bene, sagt man, und meint damit, dass man von den Toten nicht sprechen soll, wenn man nichts Nettes über sie zu sagen hat. Nun dürfte es vielen schwerfallen, etwas Gutes über Jörg Haider zu sagen, und selbst seinen unterbelichteten Anhängern fällt
laut Basler Zeitung nichts wirklich Eloquentes ein. Sprüche an der Unfallstelle wie "Wir leben durch dich!" oder "Danke, dass du mir einmal die Hand gereicht hast" bringen den Schmalspur-Führerkult des dauergrinsenden Caudillo von Kärnten noch einmal auf den Punkt, während das flehentliche "Bitte Jörg, du musst noch einmal vorbeikommen" ein frommer Wunsch bleiben dürfte.
Die Umstände von Haiders Tod - als Raser auf der Überholspur - sind von einigen Kommentatoren als bezeichnend für seine politische Karriere gedeutet worden: "Bevor er sich mehrmals überschlug, rammte der VW Phaeton ein Schild mit Tempolimit 50", heisst es in dem obigen Artikel, und wenn man des weiteren darauf hinweist, dass der Jörgl mit 142 km/h unterwegs war, werden wir mal wieder daran erinnert, dass gerade für Law-and-Order-Politiker der Grundsatz gilt: "Do as I say, not as I do," was auch die CSU-Politiker im benachbarten Bayern ein ums andere Mal demonstriert haben - siehe die zahllosen Titanic-"Briefe an die Leser", die sich mit diesem Thema über die Jahre beschäftigt haben.
Apropos Titanic: Natürlich hat sich das
Pflichtblatt für Rechtsabbieger auch mit dem Haider-Exitus in gewohnt pietätvoller Manier beschäftigt. "Rechtsruck in Österreich" war die Schlagzeile bereits am Sonntag, während die folgende Meldung unter dem Titel "Wie Jörg Haider vom rechten Weg abkam" eine Grafik präsentiert, wie wir sie bereits vom Tod der Prinzessin Diana kennen ("1.: Haider blinkt auf der Überholspur mehrere Jahre lang rechts. ... 3.: Haider versucht, das Steuer in Österreich herumzureissen...").
Als ich die erste Meldung von seinem Crash gelesen hatte, war ich zunächst verwirrt, weil ich dachte, es sei dies wieder ein Haiderscher PR-Stunt, genauer: eine neue Runde im
Streit über slowenisch- und deutschsprachige Strassenschilder gewesen, mit dem der Landeshauptmann immer wieder bei den Deppen und Arschgeigen unter den Wählern in seinem Bundesland zu punkten wusste:
Mit dem Umsetzen des Schildes will Haider erreichen, dass das Verfahren vor dem Verfassungsgericht neu aufgerollt werden muss (...) Ausgelöst hatte das Verfahren in Wien ein Anwalt aus Klagenfurt. Der bekennende Slowene war mit überhöhter Geschwindigkeit durch eine geschlossene Ortschaft gefahren, wurde geblitzt und bezahlte sein Strafmandat nicht. Das Ortsschild, das auch in Österreich "Tempo 50" bedeutet, sei, weil einsprachig, nicht korrekt und das Tempo-Limit somit nicht rechtmäßig gewesen.
Dies schien mir dann aber eher nicht plausibel, zumal Populisten vom Schlage eines J.H. solche Kampagnen ja meistens eher auf dem Rücken anderer austragen, anstatt selber mit gutem Beispiel voranzugehen bzw. zu -fahren.
So bleibt Haiders Tod letzlich komplett sinnfrei und schliesst auch in dieser Hinsicht nahtlos an sein Leben an. Nur eines blieb mir in der ganzen Berichterstattung völlig unerklärlich: "Öfters fällt das Schlagwort von 'Kärntens 9/11'", so die BAZ - wieso? Erstens war Haider kein Muslim, und zweitens ist er nur in die Leitplanke und nicht in ein Hochhaus gebrettert.